Mitwirkung von Anglerinnen und Anglern mit Behinderung
Die DIN 18040-3: 2014-12 beschreibt im Kapitel Öffentlich zugängliche Grün- und Freizeitanlagen auch die Aspekte von Barrierefreiheit von Angelplätzen. Bei den festgelegten Kriterien geht die DIN von den Bedürfnissen Rollstuhlfahrender und Rollatornutzerinnen und Rollatornutzern aus. Die Kriterien nennen eine nutzbare Fläche von 1 Meter 80 mal 1 Meter 50, die stufenlose Zugägnlichkeit und eine Absturzsicherung in Form einer Aufkantung von 15 Zentimetern Höhe, alternativ ein Geländer mit einer Höhe von 60 Zentimetern. Diese Vorgaben treffen auf die Erfahrung von Anglerinnen und Anglern mit Beeinträchtigung zu vorhandenen, als barrierefrei benannten Angelplätzen vornehmlich aus Sachsen-Anhalt, Bayern und Dänemark. Die Hauptkritikpunkte an der DIN wie an für sie errichteten Anlagen beziehen sich auf drei Merkmale:
- Der Fokus auf Menschen, einen Rollstuhl oder Rollator benutzen, ist zu eng gefasst und widerspricht der Definition von barrierefrei.
- Die DIN wie auch die meisten gegenwärtigen Angelplätze berücksichtigen keinerlei Bedürfnisse an die Infrastruktur der Umgebung.
- Die Kriterien Größe, ebenerdige Zugänglichkeit und vor allem das sichernde Geländer werden als unzureichend bis gefährlich eingeschätzt.
- Den typischen Aktivitäten des Angelns Auswerfen, Drillen und Landen gehen andere voraus oder folgen ihnen, finden jedoch keinerlei Berücksichtigung, so, wie Informationen darüber fehlen. Zum Beispiel Angelerlaubnisse beschaffen oder Fangmeldungen abgeben.
Im Zuge der Konzeptstudie fand ein dreiteiliger Mitwirkungsprozess statt, detailliert hier nachzulesen. Die Befragung, an der sich mehr als 400 Menschen mit Behinderung beteiligten, überraschte durch die Anzahl derer, die bereits geangelt haben oder diese Freizeitbeschäftigung ausprobieren würden. 69,4 % gaben Angelerfahrungen an und 16,4 % würden das Angeln ausprobieren. Die Angelerfahrenen beantworteten einen Zusatzfragebogen zu sich, ihren Angelvorlieben und weiteren Aspekten der Angelfischerei.
75 von ihnen erklärten sich zu einer weiteren Mitwirkung bereit: Aus der Umfrage waren die Qualitätskriterien herausgestellt, die 80 % von allen Beteiligten oder 80 % einer bestimmten Beeinträchtigung als notwendig bestätigten. Sie sollten prüfen, ob die gefilterten Qualitätsmerkmale für ihre Partizipation an der Angelfischerei ausreichen oder möglicherweise bisherige oder neue mitberücksichtigt werden müssten. Nach der zweiten Phase dieses Beteiligungsprozesses standen 27 Kriterien fest, die eine barrierefreie Nutzbarkeit des Angelplatzes möglich machen. Fünf betrafen den eigentlichen Angelplatz und seine Ausstattung, die übrigen bezogen sich auf Informationen über ihn, seine Erreichbarkeit und Zugänglichkeit (4) und Hinweise in der Öffentlichkeit. Übermittelt wurden ebenfalls Entwürfe eines barrierefreien Angelplatzes.
Zu deren weiterer Beratung waren 15 Anglerinnen und Angler an einen Angelplatz geladen: jeweils drei körperlich, seh-, hör- und psychisch behinderte Menschen und solche mit Lernschwierigkeiten. Ergänzend nahmen zwei Mitarbeitende aus Genehmigungsbehörden, beide ohne Behinderung, teil. Ergebnisse dieses Mitwirkungstreffens waren die abgeänderte Skizze des entworfenen Angelplatzes und ein Gestaltungsvorschlag für eine hinweisende Beschilderung, der Bewertungsbogen für zukünftige Standorte von Uferangelplätzen mit neunzehn harten Kriterien und einem weichen Kriterium sowie eine abschließende Erklärung, die Spielräume für den Bau lässt. Sie entstand aus dem Wissen, dass barrierefreie Angelplätze in naturnaher Umgebung gebaut werden und Landschaften keiner Norm unterliegen sowie dem Vertrauen darauf, dass alle staatlichen Behörden die Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte der Menschen mit Behinderung stetig und aufrichtig vorantreiben, vor allem noch unterwickelte barrierefreie Angebote im Naherholungsraum und im öffentlichen Personennahverkehr ländlicher Regionen.